Europa

Ukrainische Streitkräfte könnten gezwungen sein, Charkow von selbst aufzugeben

Nachdem der russische Präsident erklärt hat, Russland habe keine Pläne, Charkow einzunehmen, wird das Thema in Russland und im Westen kontrovers diskutiert. Russische Militärexperten rechnen damit, dass es Russland gelingt, Charkow unter seine Kontrolle zu bringen.
Ukrainische Streitkräfte könnten gezwungen sein, Charkow von selbst aufzugebenQuelle: Sputnik © Tatiana Liskowetz

Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkow unter russische Kontrolle gebracht wird, wird derzeit in Russland und dem Westen kontrovers diskutiert. Die russische Armee sei in der Lage, Charkow von allen Seiten zu blockieren. Die ukrainische Armee (AFU) wäre dann nicht mehr in der Lage, die Stadt zu verteidigen und gezwungen, sich zurückzuziehen, meint der russische Militärexperte, Oberst a.D. Anatoli Matwijtschuk.

Der Experte glaubt, dass die russischen Truppen derzeit Bedingungen schaffen, unter denen Charkow von selbst fallen wird: Dazu sei es notwendig, die Stadt zu umstellen, um sie von der Versorgung mit Munition, Waffen und Personal abzuschneiden und die Vorherrschaft im Luftraum vollständig zu übernehmen. Ihm zufolge sei die Situation in Richtung Charkow für die ukrainischen Streitkräfte (AFU) sehr riskant. In den Städten Woltschansk und dem Dorf Lipzy könnten sie in einen großen Kessel geraten. Derzeit finden in beiden Ortschaften bereits Straßenkämpfe statt, wobei Lipzy sich nur 20 Kilometer von der Stadtgrenze Charkows entfern befindet. Das russische Verteidigungsministerium meldete am Samstag die Einnahme eines weiteren Ortes im Gebiet Charkow – Stanitza. 

Der Militärexperte erläutert weiter, dass die Situation in der Region Charkow den russischen Streitkräften die Möglichkeit gibt, eine Offensive in den Richtungen Saporoschje, Cherson und Awdejewka zu entwickeln, da die AFU ihre Kräfte auflösen und in neue Gebiete verlegen muss.

Diese Strategie der Ausdehnung durch den Druck auf den Gegner auf der gesamten Frontlinie findet laut dem russischen Journalisten Andrei Uglanow im Einklang mit der Lehre des preußischen Militärwissenschaftlers Carl von Clausewitz statt. Gleichzeitig werden die Versorgungs- und Nachschubwege, Munitionslager und die Energieinfrastruktur im Hinterland und in frontnahen Gebieten ununterbrochen angegriffen. Mit wachsenden Verlusten bei Personal und Militärtechnik werden die ukrainischen Streitkräfte ihrer Kampf- und Widerstandsfähigkeit beraubt. 

Bei dieser Strategie sei es nicht nötig, so viel Territorium wie möglich zu erobern und gut geschützte Städte zu stürmen, erklärte Uglanow in einem YouTube-Podcast. In der aktuellen militärischen Auseinandersetzung in der Ukraine gehe es Russland darum, gemäß der Clausewitz-Doktrin den ukrainischen Streitkräften den eigenen Willen aufzuzwingen. 

Am Freitag hatte der russische Präsident Wladimir Putin bei seinem China-Besuch erklärt, dass es bisher keine Pläne gebe, Charkow einzunehmen. Putin verband die Operation der russischen Streitkräfte am Frontabschnitt Charkow mit der Schaffung einer sogenannten Sanitätszone als Reaktion auf den Beschuss des russischen Territoriums durch die ukrainische Armee. Laut dem früheren russischen Präsidenten Dmitri Medwedew könne angesichts der Reichweite der an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper diese Sanitätszone aber möglicherweise bis nach Kiew reichen. 

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